Viel zu tun?

von | 27. September 2025 | Aktuelles, Impuls

„Heute habe ich viel zu tun. Deshalb muss ich heute viel beten.“ Diese Aussage von Martin Luther trifft mitten ins Leben. Sorgen und Pflichten türmen sich oft vor uns auf wie ein Berg, der unbezwingbar scheint. Hektik bestimmt meinen Atem, der Kopf ist voller Listen und das Herz zieht sich zusammen. Dabei macht es einen Unterschied, ob ich in den Tag hetze oder ihn gesammelt beginne.

Ich versuche meinen Morgen mit einem kurzen Innehalten zu beginnen. Ich atme bewusst ein und aus und richte ein Gebet an Gott. Nicht als Pflicht, sondern als Öffnung meines Herzens. Ich muss auch nicht viele Worte finden, schon ein einziger Satz kann genügen: „Herr, begleite mich heute; nimm meine Sorgen in deine Hand.“ Dieses kurze Aufrichten verwandelt meine Perspektive: Die Last bleibt, aber sie sitzt nicht mehr allein auf meinen Schultern.

Wenn Sorgen nagen, helfen solch kleine Rituale: Ein geordneter Atem, ein Blick aus dem Fenster, ein kurzer Psalm oder ein Lied — all das ist wie ein Anker in bewegter See. Luther erinnert daran, dass Gebet kein Fluchtweg ist, sondern eine kluge Vorbereitung. Wer betet handelt mit ruhigerem Sinn und größerer Klarheit. Die Aufgaben bleiben, doch unser Umgang mit ihnen ändert sich.

Sorgen sind oft Vorahnungen dessen, was sein könnte, aber nicht notwendigerweise die Realität dessen, was wird. Daher ist es gut, auch praktische Schritte zu tun: Priorisieren, Delegieren, Pausen einplanen. So wird die Sorge nicht verdrängt, sondern geordnet. Und oftmals tut es auch gut, mit einem Freund oder einem Kollegen zu reden und die Lasten zu teilen. Vielleicht zeigen sie einem sogar neue Wege auf.

Gott lädt uns ein, mit ihm zu teilen, was uns beschäftigt. „Werft alle eure Sorge auf ihn; denn er sorgt für euch.“ Das ist keine Zauberformel, sondern die Einladung zur Umverteilung: Du gibst ab, Gott trägt mit. So trittst du in den Tag mit einem anderen Rhythmus, nicht gehetzt, sondern gesammelt, nicht allein, sondern begleitet.

Ich schließe mein kleines Ritual mit einem Dank: Für meinen Atem, für meine Möglichkeiten, für seine Begleitung. So wird diese kurze Morgenpause zu einer bewussten Haltung gegen die Macht der Sorgen: Wer seinen Tag gesammelt beginnt, begegnet ihm mutiger und klarer.

Ralf Schweinsberg
Evangelisch-methodistische Kirche Brombach