Hauptsache gesund?

von | 26. Oktober 2024 | Andacht, Presseartikel

Es gibt einen Unterschied zwischen der Art von Geburtstagswünschen: Junge Menschen wünschen sich vieles, aber je älter die Menschen werden, desto öfters hört man nur noch einen Wunsch: Hauptsache gesund. Bis vor kurzem habe ich das auch immer wieder einmal auf Geburtstagskarten geschrieben.

Sicher, Gesundheit ist wichtig, aber sie ist nicht alles und sie ist sehr zerbrechlich. Eine junge Frau sagte mir: „Da kannst du dir noch so viele Gedanken machen um deine Zukunft, gesund leben und auf alles aufpassen und dann kommt irgendeine eine dumme Krankheit daher und macht dir einen Strich durch die Rechnung.“ Sie war im Frühjahr erkrankt und die Ärzte sagten ihr, dass es keine Heilung für sie gibt. Sie erzählt mir von vielen schlaflosen Nächten bis eines frühen Tages, in aller Frühe, ihr Entschluss feststand und sie ihre Situation annehmen konnte.

Sie tat das mit dem Satz: „Das ist jetzt eben so.“ Ich habe diese Aussage zunächst nicht verstanden. Kann man sich einfach mit einer solchen Situation abfinden? Muss man nicht rebellieren, aufstehen, kämpfen? Die Ärzte hatten ihr verschiedene Therapien vorgeschlagen, aber auch gesagt, dass sie kämpfen aber nicht gewinnen kann. „Das ist jetzt eben so“, hatte ich zuerst als Aufgeben verstehen, weil ihre Kraft zu Ende ist und sie nicht mehr kämpfen kann. Aber für sie war das ein neuer Anfang. Raus aus dem hilflosen Starren auf ihre Krankheit. Raus aus endlosen Nächten der Trauer um verpasste Lebenswege und der Sorge um das Morgen. „Jesus hat recht“, meinte sie, „wenn er sagt, dass wir uns nicht um das Morgen sorgen sollen. Was Morgen wird, habe ich nicht in der Hand. Vielleicht geht Jesus gar nicht um ein sorgenfreies, unbeschwertes Leben. Vielmehr möchte er uns helfen, unser Heute zu gestalten. Wie mein Morgen wird, entscheidet sich doch schon heute. Darum möchte ich heute leben.“

Ich habe sie gefragt, woher sie diese Kraft nimmt. Woher sie das Vertrauen nimmt, ihre Sorgen loszulassen. Sie hat mir gesagt, dass sie spürt, wie Jesus sie trägt und sie ihre Sorgen loslassen kann, weil da ein Gott ist, der sich um sie sorgt, weil da ein Vater im Himmel ist, der weiß, was sie braucht. So konnte sie ihre Leben neu gestalten. So konnte sie jeden Tag ihrer verbleibenden Zeit mit ganz viel Leben füllen. Sie hat Ausflüge gemacht, sich mit Freunden getroffen und das Leben in vollen Zügen genossen. Irgendwann ging das auch nicht mehr und sie sagte mir: „Das Leben ist wie eine Wanderung. Es kommt nicht auf die Länge an, sondern auf ihre Schönheit.“ Dann ergänzte sie noch lächelnd: „und das man nicht alleine unterwegs ist.“

Ihr Ralf Schweinsberg