„Freuet euch in dem Herrn allewege, und abermals sage ich: Freuet euch! Der Herr ist nahe!“
(Philipper 4,4)
Diese Worte wirken wie ein Lichtschein in dunkler Zeit: Gott kommt zu uns! Und wo Gott nahe ist, beginnen sich die Verhältnisse zu verändern. Dort, wo Not war, wächst Hoffnung.
Die Bibel verspricht keine heile Welt. Sie sieht die Hungrigen und Gedrückten, die Mächtigen auf hohen Sitzen. Doch das Kommen Gottes dreht die Perspektive um: Hungrige werden satt, die Mächtigen verlieren ihr Podest.
Diese Umkehr betrifft nicht nur Politik oder Gesellschaft, sie verändert Herzen und Begegnungen. Freude, die aus der Nähe Gottes erwächst, befreit von Eitelkeit und Härte. Sie macht schön — nicht als Make-up, sondern als lichte Haltung, die das Gesicht eines Menschen verwandelt.
Denken wir an das ganz Alltägliche: Eine junge Mutter, die ein Kind erwartet, fängt an zu leuchten. Ihre Vorfreude verändert ihr Gesicht, ihre Worte, ihren Gang. Verliebte, die sehnsuchtsvoll aufeinander warten, beginnen zu strahlen. Sie sehen anders, sprechen anders, schenken mehr. Solche kleinen Wunder des Leuchtens sind Vorboten dessen, was der Advent verkündet. Der Vierte Advent erinnert uns: „Der Herr ist nah!“ Diese Botschaft ist nicht privat; sie springt über, sie lädt ein, sie steckt an.
Nehmen wir zwei Frauen aus der Bibel als Beispiel: Sarah, der in hohem Alter ein Sohn verheißen wird, erlebt noch einmal das Staunen des Lebens. Gott sagt Ja zu ihr und Altersgrenzen werden übersprungen. Maria, die junge Frau aus Nazareth, lobt Gott dafür, dass er die Niedrigen erhöht und die Mächtigen stürzt. Ihre Freude ist kein leichter Optimismus, sondern ein protestierendes Lob: Gott nimmt Partei für die Schwachen.
Beiden Frauen ist gemeinsam, dass ihre Freude sie verändert und sie selbst zu Trägerinnen der Verheißung macht. Wie aber lässt sich diese Freude leben? Zunächst: Sie ist kein flüchtiges Gefühl, sondern entschiedenes Vertrauen. Wer glaubt, dass Gott nahe ist, beginnt anders zu handeln. So wie die Nachbarin, die bemerkt, dass die ältere Frau im Hausflur oft einsam wirkt. Statt weiter zu grüßen, lädt sie sie zum Tee ein, hört zu und bringt Lebensmittel vorbei.
Das ist keine Politik, das ist Freude in Aktion. Eine Freude, die hungrige Herzen sättigt und die Macht der Gleichgültigkeit bricht. Solche kleinen Gesten nähren das, was Advent meint: die Welt ein Stück gerechter und menschlicher zu machen.
Und diese Freude ist ansteckend: Wenn wir glauben, dass Gott bei den Schwachen ist, verlieren wir die Angst vor dem anderen, dem Fremden. Wir werden gütiger im Blick und großzügiger in der Tat. Freude macht uns offen für Hoffnung, sie schenkt Mut, das Richtige zu tun statt nur das Bequeme.
Am Ende steht kein triumphaler Abschluss, sondern ein Weg: Der Herr ist nah. Und weil er nah ist, dürfen wir hoffen, handeln und froh sein. Die Botschaft des Advents ruft uns zu: „Freuet euch! Lasst diese Freude eure Gesichter erhellen, eure Hände tätig werden und eure Gemeinschaften wärmer machen.“ So wird Advent zur einer Zeit, in der die Welt Stück für Stück menschlicher wird – durch das Licht, das aus Freude wächst.
Ralf Schweinsberg
