Wort auf den Weg

von | 1. November 2022

Liebe Leserinnen und Leser,
nach einem strahlenden Sommer ist es trübe geworden, die dunkle Jahreszeit hat begonnen – für manchen vielleicht unerwartet, unvorbereitet.
An den Sonnenscheinstunden, an Tag- und Nachtzeiten und den Zeiten, in denen der Mond leuchtet, können wir Menschen nichts tun. Man muss sich eben darauf einstellen, dass es hell und dunkel gibt. Es dämmert am Abend, dann ist Vorsicht geboten, es dämmert aber auch der Morgen, dann geht der Spuk der Nacht zu Ende, und Hoffnung und Orientierung setzen sich durch.
In den Erzählungen vieler Völker spielt der Wald eine zwiespältige Rolle. Einerseits unverzichtbar, kann man doch dort vieles Lebensnotwendige und Leckere auflesen oder erjagen. Ohne Waldgrün können wir Deutschen ja gar nicht leben- sagt man. Doch wehe wenn man alleine ist und von jemandem überfallen wird,…gar noch bei Nacht, wo doch allerlei Bedrohliches in ihm umhergeistert. Oder wenn man sich in ihm verirrt.
Manche Heimlichkeiten und Unheimlichkeiten passieren im Wald.
Der Wald steht hier für das Leben.
Der Evangelist Johannes zieht die Grenzen zwischen Licht und Dunkelheit sehr scharf, besonders da, wo er mit Finsternis nicht nur Dunkelheit, sondern Gottesferne meint.
In seinem ersten Kapitel, in seiner Weihnachtsgeschichte, beschreibt er das Kommen Jesu in unsere Welt mit den Worten:
„Und das Licht scheint in der Finsternis, und die Finsternis hat’s nicht ergriffen.“ Das Kommen Jesu in unsere Welt ist wie ein Lichtstrahl, wie ein Hoffnungsschimmer, wie ein erleuchtetes Fenster am Horizont, das auf ein bewohntes Haus hinweist.
Es gibt Orientierung und Hoffnung, dass es da noch etwas anderes gibt als das Dickicht. Dass Gott selbst, in Jesus, auf uns zukommt, wendet die Situation, auch wenn zu irdischen Zeiten noch ein störrischer, unbelehrbarer, dunkler Rest bleibt, der sich zuweilen heraus-nimmt, was ihm eigentlich nicht mehr zusteht, der sich der lebensschaffenden Zuwendung Jesu entzieht und ihr widersteht, das Licht nicht ergreift und die Menschen bedroht.
Wenn sich schon die Finsternis vom Licht nicht ergreifen lässt, sondern widersteht, sollten wir uns wenigstens als Menschen von dieser Botschaft von der Zuwendung Gottes ergreifen lassen, weil sie uns mehr als alles andere meint und angeht.
Auch wenn Vieles in diesem Herbst und Winter ungemütlich und bedrohlich daherkommt, bleibt dieser Lichtblick, diese Orientierung und diese Hoffnung im Wald nicht zu verenden, sondern den Weg zum Leben zu finden. Wo dies geschieht, da werden wir Lichter der Hoffnung anzünden für die Menschen und für die Schöpfung, in der wir leben.
In herzlicher Verbundenheit,
Rainer Leo